Systemischer Ansatz für Supervision und Beratung
Meine Perspektive als Supervisorin und Beraterin wie und meine Art und Weise Beratung und Supervision zu praktizieren ist in wesentlicher Hinsicht auch durch systemische Konzepte orientiert. Was das bedeutet, will ich nachfolgend in Kürze umreißen.
Konstruktivismus als gemeinsame Grundannahme:
Eine grundlegende Gemeinsamkeit systemischer Ansätze ist die Annahme, dass wir Menschen das, was wir als Wirklichkeit erfahren, mit den uns dafür zur Verfügung stehenden Mitteln selbst konstruieren. Wir werden dabei nicht nur durch unsere Sinne, durch die zur Verfügung stehende Technik und unsere Fertigkeiten, sie zu nutzen, beeinflusst, sondern immer auch durch andere Menschen und durch die Kontexte unseres Handelns und Erlebens.
So gesehen ergeben sich aus dem Konstruieren unter bestimmten Bedingungen zirkuläre Zusammenhänge von Ursachen für etwas und daraus resultierende Wirkungen, die dann wieder selbst zur Ursache für etwas werden. Deshalb kommt der Frage nach Kontexten und nach Beziehungen in systemisch orientierter Praxis hohe Bedeutung zu. Fallen dabei etwa wiederkehrende Interaktionsmuster auf oder wird immer wieder ähnlich miteinander kommuniziert?
Positives Menschenbild der humanistischen Psychologie
Entscheidend für das, was aus einer systemischen Sicht wahrgenommen und erfragt wird, ist eine Grundhaltung der Wertschätzung und der Ressourcenorientierung. Sie verbindet alle Konzepte, die in humanistischer Psychologie verwurzelt sind. (Dazu gehört auch das Psychodrama). Diesem positiven Menschenbild entsprechend wird allen Individuen zugetraut, dass sie mit dem, was ihnen zur Verfügung steht, Leben in gelingender Weise gestalten können. Was der einzelnen Person verfügbar ist und dieses Gelingen ermöglichen kann, gilt es also immer wieder neu aufzuspüren. Nicht das Erteilen von Weisungen, sondern die Stärkung von Selbstorganisation ihrer Klientinnen bzw. Supervisanden ist also von einer systemischen Supervisorin zu erwarten.
Reframing als bereiender Perspektivwechsel
Als weiterführend angenommen wird insbesondere die befreiende Wirkung des sogenannten Reframings. Dabei wird ein Gegenstand einer Überlegung, z.B. ein bestimmtes Problem vor einem anderen, neuen Sinnhorizont betrachtet. Gibt es nicht beispielsweise auch positive Begleiterscheinungen vom Grund meines Ärgers, die ich nutzen kann? Weil dieses Andere, Neue Sehen innerhalb von eingefahrenen Systemen üblicherweise kaum zu entdecken ist, ist die Integration eines Blicks von außerhalb oft so aufschlussreich. Dabei wird gemäß eines systemischen Ansatzes aber nicht davon ausgegangen, dass es die eine, perfekte Lösung gäbe. Stattdessen zeichnet sich eine systemische Haltung auch durch Neugierde auf das was ist oder sein könnte aus, verbunden mit einer großen Offenheit für mehrere Erklärungsvarianten.
Beispiele typischer Methoden
Die spezifische Art und Weise systemisch zu Fragen steht mit diesen Grundhaltungen in direkter Verbindung. Dazu gehören etwa auch Zukunftsprojektionen (z. B. „was wäre wenn …“ oder „was müsste passieren, dass …“ oder „woran würden Sie es merken, wenn …“).
Typisch systemisch ist unter anderem die systematische Erfragung von Vorstellungen und Erfahrungen, die innerhalb von Familienbiografien entstehen und tradiert werden. Hierfür wurde die Methode der Genogrammarbeit entwickelt.
Ähnlich wie im Psychodrama wird auch in systemischer Supervision und Beratung mit Visualisierungen von inneren Welten etwa durch Skulpturen oder symbolische Aufstellungen gearbeitet. Eine Spezialität ist das systemische Fragen.
Antje Martina Mickan